Wolfgang Borchert wurde am 20.Mai 1921 in Hamburg geboren, er starb am 20. November 1947 in Basel. Borchert gilt als bedeutenster Vertreter der so genannten "Trümmerliteratur".
Winter 1941/1942 an der russischen Front: Von einem Patrouillengang kehrt der 20-jährige Soldat Wolfgang Borchert mit einer Schussverletzung an der Hand zurück. Seine Vorgesetzten vermuten, dass er sich diese Verletzung selbst zugefügt hat, um sich dem Fronteinsatz zu entziehen. Darauf steht die Todesstrafe.
Borchert sitzt monatelang im Gefängnis, dann muss er "zur Frontbewährung" zurück in den nächsten russischen Winter. Bald darauf wird er mit schweren Erfrierungen und einer Lebererkrankung ins Lazarett eingeliefert. Von diesem Leberleiden erholt sich Borchert nie wieder. 1947 stirbt er im Alter von nur 26 Jahren.
Borcherts literarisches Werk ist nicht umfangreich. Sein Schreiben nennt er selbst einen "Wettlauf mit der Zeit", da er von den Ärzten weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat.
Seine Texte erzählen von Brutalität, Not, Schrecken und Leiden in seiner täglichen Erfahrungswelt - einer Welt, die aus einem Teufelskreis von Krieg, Gefängnis und Lazarett bestand und aus der er nicht ausbrechen konnte.
Seinem Freund schickte er 1944 folgendes Gedicht:
Ich möchte Leuchtturm sein
in Nacht und Wind-
für Dorsch und Stint.
für jedes Boot-
und bin doch selbst
ein Schiff in Not!
Als sich Borcherts Fieberanfälle und Leberbeschwerden im winter 1943/1944 auch wärend des Heimaterholungsurlaubs nicht mehr lindern lassen, beschließen die Ärzte, Borchert dienstuntauglich zu schreiben und an ein Fronttheater abzustellen.
Wenige Tage sind es noch, die der Schwerkanke in einer Entlassungskompanie in Kassel absolvieren muss.
Doch am Vorabend seines ersehnten Entlassungstages gibt der für seine offenen Worte bekannte Schauspielerund Schriftsteller auf seiner Stube eine so genannte "Abschiedsvorstellung". In dieser "Abschiedvorstellung" hält er einen Vortrag, dessen Inhalt, das Militär und der Kriegsgerichtsrat für öffentliche Provokation hält. Somit wird Borchert abermals in Untersuchungshaft genommen bis er seinen Fieberanfällen erliegt.
Einen kurzen Auszug aus seinen "Lesebuchgeschichten":
Als der Krieg aus war,
kam der Soldat nach Haus.
Aber er hatte kein Brot.
Da sah er einen, der hatte Brot.
Den schlug er tot.
"Du darfst doch keinen totschlagen",
sagte der Richter.
"Warum nicht?", fragte der Soldat.
Und noch einen Auszug von den "Lesebuchgeschichten":
Als die Friedenskonferenz zu Ende war,
gingen die Minister durch die Stadt.
Da kamen sie an einer Schießbude vorbei.
"Mal schießen, der Herr", riefen die Mädchen
mit den roten Lippen.
Da nahmen die Minister alle ein Gewehr
und schossen auf kleine Männer aus Pappe.
Mitten im Schießen kam eine alte Frau und
nahm ihnen die Gewehrer weg.
Als einer der Minister es wiederhaben wollte,
gab sie ihm eine Ohrfeige.
Es war eine Mutter.
angel014 - 6. Okt, 18:53